Geschiche des Pferdestalls

Foto vom Pferdestall
Pferdestall

Gebaut worden ist dieses repräsentative Haus um 1880 von dem Architekten Ch. L. Schmidt für M. L. Livingston, einen wohlhabend aus Amerika zurückgekehrten Frankfurter Geschäftsmann, der seinen Erfolg zu zeigen wünschte. Das Gebäude sollte ihm als Pferdestall und Remise dienen; die Kutschen konnten per Aufzug nach oben befördert werden.

Der Bauherr durfte sich nicht lange daran erfreuen; er starb bald, und das Anwesen kam in wechselnden Besitz, kurzfristig durch Vererbung auch an die Rothschilds – daher der irrtümlich gebrauchte Name „Rothschild‘scher Pferdestall“.

Nach dem zweiten Weltkrieg beherbergte das Haus ein Kabarett. Danach diente es der Dr. Schleußner Fotowerke KG als Warenlager. Ab 1967 hatten Bodenspekulanten das Frankfurter Westend als Goldgrube für sich entdeckt. Zwischen 1969 und 1971 erwarb die Gruppe „Perel und Miteigentümer“ den „Pferdestall“ sowie nach und nach das umliegende Karree vom Kettenhofweg bis zur Guiollettstraße und von der Ulmenstraße bis zur Niedenau. Ein Bürohochhaus sollte an dieser Stelle entstehen, die Anwohnerschaft hatte zu weichen. Entsprechend wurde ein Haus nach dem anderen abgerissen oder durch Demolierung darauf vorbereitet. Wo zuvor Bürger ihre Heimstatt hatten, entstand eine Wüstenei.

Ähnliches spielte sich im ganzen Westend an vielen Stellen ab: Innerhalb von nur vier Jahren wurden trotz großer Wohnungsnot fast 20.000 Einwohner vertrieben, fiel beste bauliche Substanz der Zerstörung anheim zwecks Umwandlung dieses urbanen, städtischen Lebensraums in ein lukratives Büroviertel.

Zeichnung vom Pfedestall
Diese Zeichnung des „Pferdestalls“ wurde vom Frankfurter Künstler Ferry Ahrlé im Jahre 1972 der AGW gewidmet und ist seitdem unser Markenzeichen.

Angesichts des Horrors war Widerstand angesagt. Engagierte Bürgerinnen und Bürger gründeten unter Führung des Architekten Dipl.-Ing. Otto Fresenius die „Aktionsgemeinschaft Westend e.V.“ (AGW). Hunderte schlossen sich ihr voll Verzweiflung an. Die AGW wurde bald zum Sprachrohr, sachkundigen Anwalt und Verteidigungstrupp gegen die Zerstörung des Frankfurter Westends. Eine Teilrettung des Stadtteils ist diesem beispielhaften Einsatz der Bürger immerhin gelungen, gut ablesbar – unter anderem – am Schicksal des „Pferdestalls“.

Wir setzen uns dafür ein, dass Wohnen und Leben im Frankfurter Westend, aber auch in anderen innenstadtnahen Stadtteilen, möglich und attraktiv bleibt