Leserbrief zum Thema „Milieuschutzsatzung“ dargestellt und kommentiert in FR vom 14.11 2014 und FAZ vom 14.11.

Ein Zwischenruf aus dem Westend: Nein, Herr Cunitz, wir trauen Ihnen nicht!
Die FR fragt „kann man darauf vertrauen, dass die von Bürgermeister Olaf Cunitz ausgegebene neue Parole `Bewohner schützen, Verdrängung begegnen, Stattteile stärken` ernst gemeint ist?“
Wir meinen , nein, man kann ihm nicht trauen! Alle unsere Erfahrungen sprechen dagegen! Bereits 2010 machte die Aktionsgemeinschaft Böhmerstraße/Körnerwiese/Leerbachstraße darauf aufmerksam, dass im Viertel  enorme Veränderungen vor sich gehen.  „Ein Viertel im Aufruhr“ kommentierte damals die FR.
Zwar haben wir Westendler die Erhaltungssatzung Nr. 45, Westend II vom Oktober 2005 die jegliche Veränderung der baulichen Gestalt im Viertel untersagt : „ Teilgebiete und städtebauliche Eigenart“ sollen erhalten bleiben. Aber niemand der Politiker, die das Sagen haben , beachtet sie. Sie habe keine bindende Wirkung , so die Bauaufsicht.
Die Spekulation im Viertel marschiert ungebremst!

Um dies eindrücklich zu dokumentieren, luden wir im Februar 2011  zu einer Begehung unseres Viertels  Politiker ein: den OBR Vorsitzenden Herrn Axel Kaufmann und im Juni 2012 Herrn Cunitz. Wir führten ihnen jeweils die Problematik unseres Viertels anschaulich vor Augen. Außer einem kurzen, höflichen Briefwechsel von Seiten Herrn Cunitz nichts!
 
Zur Sozialstruktur des Westends:
Herr Cunitz möchte nun, um  eine Milieuschutzsatzung auf den Weg zu bringen, die Sozialstruktur der infrage kommenden Viertel untersuchen lassen, um das „Milieu“ „dingfest“ zu machen. Man kann nur schützen, wenn man weiß, um wen es sich handelt. Klar, aber der Strukturwandel hat längst  stattgefunden ,( !!) was die Sozialwissenschaftler heute erheben würden, ist nicht mehr identisch mit der charakteristischen Mischpopulation, wie sie es seit Kriegsende und noch vor 4/5 Jahren gegeben hat. Dass das Westend schon immer ein Viertel „der Reichen“ gewesen sei,  ist spätestens seit Kriegsende eine gut gehütete Legende , in wessen Interesse auch immer.
Die Politiker sollten auf die Bürger hören, diese leben vor Ort und beobachten ihr Viertel sehr genau. Die Bewohner wünschen den Erhalt der sozialen Mischung des Viertels , diese Mischung ist heutzutage gefährdeter denn je.

Einige Beispiele:

  • Im Februar 2013 macht die Aktionsgemeinschaft Herrn Cunitz aufmerksam auf das Haus Leerbachstraße 92. Darin lebten wohl 18 Mietparteien , seit ca. 4 Jahren steht das Haus leer.  entmietet, wie das hier im Westend üblich ist.
  • Auf der Körnerwiese 3:  Hier haben ca 20 Familien gelebt. seit 1 Jahr gibt es niemanden von den Altmietern mehr. Das Haus wird entkernt und luxussaniert.
  • Wöhlerstraße 22; zwei Familien wurden im Dezember 2013 entmietet und ihrer Wohnungen verwiesen;
    Böhmerstraße 4, Arztpraxis Dr. Roumer, nach 40 Berufsjahren aus der Wohnung vertrieben, Arztpraxis hat noch Bleiberecht, man weiß nicht, wie lange noch.
  • Böhmerstr. 47: Entmietung!
  • Schumannstraße 13: Familien rausgeekelt;
  • Fichardstr. 43/45:  Bewohnerin wird darauf hingewiesen, dass binnen Jahresfrist ihre Wohnung eine Baustelle sein wird.
  • Unterlindau 71: Terror im Haus mit dem Ziel der Entmietung
  • Unterlindau 20 – 32 : Sanierung der gesamten Zeile. Die dauert schon 1,5 Jahre , ein Ende ist nicht abzusehen. Die Häuserzeile ist annähernd entvölkert! Ein Exodus hat stattgefunden.
  • Oberlindau, genau gegenüber: hier soll dasselbe geschehen wie in der Unterlindau. Die Bewohner fürchten das Schlimmste.Diese Liste ließe sich ohne Probleme um ein Vielfaches verlängern!

    Wir denken, die Beispiele sind eindrucksvoll genug um festzustellen, dass die Idee einer Milieuschutzsatzung des Herrn Cunitz um mindestens 4 Jahre zu spät  kommt, zumal er von den Bürgerinitiativen umfangreich informiert worden war.

    Wer kann da noch glauben, dass Cunitz und der Politiker Vorhaben ernst gemeint sind.???

    Gerlinde Becker,
    Aktionsgemeinschaft Böhmerstraße und  Mitglied des Vorstands der Aktionsgemeinschaft Westend
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    Gerlinde Becker u. Dieter Luley
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